Das vergangene Wochenende (10.07.-12.07.2020) wird in die Geschichtsbücher der Nürburgring Langstrecken-Serie eingehen. Noch nie zuvor wurden in der NLS-Meisterschaft an einem Wochenende gleich zwei Wertungsläufe über je 4 Stunden ausgetragen. Mit in diese Geschichtsbücher trug sich der Österreicher Simon Reicher ein. Es waren gerade einmal zwei Wochen vergangen, als der Grazer Student sein GT-3-Nordschleifen-Debüt feierte. Nun ging es darum, Erlerntes anzuwenden und weitere Erfahrungen in seiner noch jungen Motorsport-Karriere zu erlangen.
„Es war ein sehr lehrreiches Wochenende, das aus vielen kleinen Schritten bestand. Auf der Nordschleife, oder besser gesagt in der grünen Hölle, ist nichts so wichtig wie Erfahrung. Anfangs bist du glücklich das Auto zwischen den an dir vorbei rasenden Bäumen zu halten. Irgendwann schaust du auch mal auf die Uhr und nimmst deine Rundenzeiten war. Irgendwann heißt es dann du und dein Auto gegen Nordschleife und Zeit. Du peilst die magischen acht Minuten für eine Runde an. Inzwischen weiß ich auch, was mein Vorbild Walter Röhl damit meinte, als er sagte: für alles über acht Minuten setze ich keinen Helm auf“, schwärmte der Audi R8 LMS Pilot.
Momentan trainiert der 20-Jährige von einem NLS Lauf zum Nächsten, um sich auf das größte Event seiner Karriere, den 24 Stunden vom Nürburgring vorzubereiten. „Mein Team EFP Car Collection by TECE sowie meine Teamkollegen Elia Erhart, Jan-Eric Slooten, Klaus Koch und Pierre Kaffer haben einen wahnsinnigen Trainingsvorteil. Ein Vorteil, den sie sich jahrelang auf der Nordschleife erarbeitet haben und von dem ich lernen und profitieren darf. Das sind Erlebnisse, die bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen werden“, berichtet Simon Reicher.
Und der Nordschleifen-Rookie hat sein nächstes Trainingsziel bereits ausgemacht. Er sieht großes Verbesserungs-Potential in den Überholvorgängen. Seiner Meinung nach lässt er dabei noch viel Zeit liegen: „Der Vorgang muss mir noch etwas flüssiger gelingen – zur Routine werden. Ich glaube das ist für mich momentan der Schlüssel, den acht Minuten näherzukommen.“ Auf einer Länge von etwas mehr als 24 Kilometern ist der Österreicher mit acht Minuten und 22 Sekunden für GT-3 Fahrzeuge schon recht flott unterwegs. Die Besten seiner Zunft geben mit sieben Minuten und 59 Sekunden den Maßstab vor. „Wenn du auf deiner schnellen Runde bist, kannst du einfach nur beten, dass es keine Gelbphase (Code60) auf den gesamten 24 Kilometern gibt, da sie einen großen Anteil an deiner Rundenzeit haben. Es muss einfach viel passen. Aber genau das ist es, was die Nordschleife so einzigartig macht“, sagte der Kirchberger mit einem Lächeln im Gesicht.
Mit Platz zwei seiner Klasse (SP9 Am) und Gesamtplatz 24 zeigte sich Reicher im Anschluss dennoch versöhnlich. „Solange mich der Rookie-Status umgibt, zählen für mich nur die Kilometer. Sie sind es, die mich näher an mein Ziel bringen. Erst wenn ich das Gefühl habe, die Nordschleife zu verstehen, kann ich die nächste Stufe zünden – wie auch immer diese aussieht. Und vermutlich wird das auch noch ein paar hundert Runden dauern, aber ich bin bereit. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Einsatz.“
Für seinen nächsten Einsatz muss sich Simon Reicher noch etwas in Geduld üben. Sein nächster Einsatz wird der 5. NLS-Lauf vom 28.08. bis 29.08.2020 sein. Dafür jedoch mit einem 6 Stunden Rennen. Bis dahin warten also noch einigen Stunden Hörsaal auf den Grazer Studenten des Bauingenieurwesen.