Der erst 16-jährige Simon Reicher startete am vergangenen Wochenende nicht wie alle seine Freunde in die neue Freibadsaison. Ihn und weitere junge Burschen zog es nach Belgien. Genauer gesagt auf die Ardennen-Achterbahn in Spa-Franchorchamps. Was bewegt einen jungen Burschen, sich an seinem freien Wochenende – das normalerweise geprägt ist von „Endlich raus aus dem Schulstress!“ – mit anderen sportlich zu messen? „Das ist ganz einfach. Es ist eine sehr nette Art, sich und seine Grenzen kennenzulernen und diese immer wieder ein Stückchen weiter nach hinten zu verschieben“, sagte der Youngster und fügt lächelnd hinzu: „Das ist nicht einfach nur Autofahren. Es ist die Hetz nach der perfekten Welle oder besser gesagt nach der perfekten Runde.“ Dass es der sympathische Gymnasiast der 6. Klasse am Werkschulheim Felbertal ernst meint, steht wohl außer Frage, ist er doch nach vielen Jahren im Kartsport erst in diesem Jahr in den Renault Clio Cup Central Europe gewechselt. Für ihn und seine sportliche Entwicklung war der Wechsel der nächstlogische Schritt.
Als Österreichs jüngster Tourenwagensportler ging es für ihn und sein holländisches Certainy Racing Team auf eine der schwierigsten Rennstrecken Europas. Vielen namhaften Weltmeistern, wie Juan Manuel Fango, Jackie Stewart, Alain Prost, Ayrton Senna und Michael Schumacher, forderte die berühmte Eau Rouge ihren allerhöchsten Respekt ab. Doch 14 Tage zuvor testete das Talent zum ersten Mal die Strecke von Spa-Francorchamps und befand gerade diese als „lässig“. Nun ist ein Training dann doch etwas anderes als ein Rennwochenende. Viele Dinge zählen nicht mehr, sind anders. Ein Rennwochenende unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten.
Diese Erfahrung musste der talentierte Reicher in seinem Rookie-Jahr bereits an diesem Wochenende machen. Während der ersten Trainingssitzung schien für ihn noch alles in bester Ordnung zu sein – Platz 10, ein sehr beachtliches Resultat. Im Zeittraining wurde er jedoch in einen Unfall verwickelt, sodass er seinen Renault auf Platz 19 abstellen musste. „Das Schwierigste für mich war, nach dem Unfall wieder ins Auto einzusteigen. Ich musste die Erfahrung machen, dass es nicht einfach ist, sofort wieder Vollgas zu geben“, sagte Reicher sichtlich beeindruckt. Unfälle gehören leider zum Motorsport dazu. Umso wichtiger ist es für jeden Piloten, das Vertrauen in sich und den Wagen zurückzugewinnen. Mit Platz 15 in seinem ersten Rennen auf den traditionsreichen Strecken von Spa-Francorchamps machte der junge Österreicher deutlich, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Auch in seinem zweiten Rennen an diesem Wochenende stellte er seinen Renault auf Platz 15 ab. „Da war ich schon wieder voll im Angriffsmodus“, lächelte Reicher und fügt hinzu: „Im ersten Rennen war ich noch zu sehr vom Unfall beeindruckt und hielt mich zu lange zurück.“ Dass das Resultat im zweiten Rennen nicht besser für den Rookie ausging, hatte er dem Reifenpoker zu verdanken. Regen, dann – kurz vor dem Start – hörte der Regen auf. Einige Fahrer wechselten von Regenreifen auf Slicks. Reicher, noch sichtlich vom Unfall beeindruckt, wollte kein unnützes Risiko eingehen und entschied sich für Regenreifen. Die ersten drei Runden war es auch eine gute Wahl, waren doch einige Fahrer in Unfälle verwickelt. Nun fing jedoch die Strecke an, immer trockener zu werden, und seine Regenreifen bauten sichtlich ab. Ohne Kühlung durch das Wasser überhitzen sie und verbrennen. Dadurch werden sie auf der Oberfläche härter, und das Gripniveau lässt immer mehr nach. „Da habe ich mal klassisch verpokert“, lacht Simon Reicher.
Und so geht es für ihn und sein Certainy Team vom 22.07. bis 24.07.2016 in seine Heimat zum Red Bull Ring in die Steiermark. „Ich freue mich Riesig auf mein erstes Heimrennen. Meine Familie und Freunde werden da sein und mich kräftig unterstützen“.
Fotocredit: Roel Louwers PhotoReplay